Heimstaden kann heimschwimmen – Rein in die Praxis!

Heimstaden Kannst Heimschwimmen

Als wir am 18. September 2020 unseren Verein offiziell gründeten, waren wir fest entschlossen uns einem ersten kleinen Mietenkampf anzunehmen. Einer der nicht zu groß für uns war aber an dem wir wachsen können. Also beschlossen wir, die Heimstaden-Mieter:innen um die “Osko bleibt” im Wedding zu unterstützen. Am gleichen Abend machte der Heimstaden-Konzern mit 130 Häusern für über 830 Millionen Euro Kaufpreis den wohl größten Immobilienkauf des Jahres in Berlin öffentlich. Plötzlich bauten wir zusammen mit anderen Initiativeneine Vernetzung von 4110 betroffenen Mietparteien auf, die Ende November erste Erfolge feiern konnte. Doch wie kam es so weit und wie geht es 2021 weiter?


Bereits Anfang Juni vollzog Heimstaden den Schritt an den Berliner Wohnungsmarkt. Während wir alle mit der Coronapandemie und ihren Auswirkungen auf unser Leben zu kämpfen haben, vollzog der Konzern von Multimilliardär Ivar Tollefsen – bekannt für seine Risikofreudigkeit – die erste Welle mit Häuserkäufen im Berliner Norden. Der hohe Kaufpreis bei dem gleichzeitig schlechten Zustand der Häuser zeigte sofort, dass Heimstaden hier nur Rendite erwirtschaften kann, wenn sie die Mieten drastisch ansteigen lassen oder die Wohnungen langfristig teuer als Eigentum verkaufen. Bei den Mieter:innen schrillten die Alarmglocken, sie vernetzten sich, stellten Protest auf die Beine und erreichten für zwei Häuser einen Vorkauf. Mitte September wurde ein weiterer Deal bekannt, erst fünf Häuser – die sich als “Fünf-Häuser-Initiative” zusammenschlossen – später wurden es 16. Wieder machten die Mieter:innen Druck doch die Politik kaufte nur drei Häuser vor.

Eine Vernetzung entsteht in Rekordtempo

Ende September dann der Großangriff Heimstadens – 130 Häuser für über 830 Millionen Euro, tausende Mieter:innen, die um ihr Zuhause bangen müssen. Schnell vernetzten wir uns mit unterschiedlichen Gruppen und Initiativen wie Hände Weg vom Wedding, dem Mieterforum Pankow, der Kiezversammlung 44 in Neukölln und dem IniForum. Gemeinsam starteten wir eine große Flyeraktion in allen bekannten Häusern, verstreut über ganz Berlin. Damit luden wir ein zum ersten berlinweiten Vernetzungstreffen der Heimstaden-Mieter:innen. Wir waren begeistert und voller Motivation, als schließlich am 21. Oktober knapp 400 Mieter:innen online zusammen kamen, um gegen die drohende Verdrängung durch Heimstaden vorzugehen. Gemeinsam erarbeiteten wir uns Wissen zum Vorkaufsrecht, zu den Milieuschutzgebieten und teilten unsere Erfahrungen und Sorgen. Schnell war klar: Niemand möchte Mieter:in bei Heimstaden werden – also kämpften wir für ein Vorkauf aller 130 Häuser! Die kommende Woche diente erstmal den Hausgemeinschaften: Überall in Berlin kamen Nachbar:innen in Hinterhöfen zusammen, tauschten ihre Ängste aus und machten sich Mut. Gleichzeitig bauten wir Arbeitsgruppen auf: Die AG Aktionen bereitete erste Kundgebungen und Demos vor, die AG Öffentlichkeitsarbeit baute ihre Kanäle auf und die AG Strategie fing an einen langfristigen Plan für die unterschiedlichen Szenarien zu entwickeln. Denn wir mussten schnell handeln. Durch den engen Zeitrahmen des Vorkaufsrecht war es an unserer Vernetzung, bis zum 23. November Druck auf die Politik zu machen und Vorkäufer:innen für die Häuser zu finden. Um das alles besser zu koordinieren, organisierten wir uns neben dem wöchentlichen berlinweiten Treffen in Ortsgruppen. So vergingen die Wochen wie im Rausch, wir als Gewerkschaft lernten in einem Monat mehr als vorher in einem ganzen Jahr. Wir waren sofort mitten drin. Die Vernetzung machte sich prächtig: Überall in der Stadt hingen plötzlich Transparente oder rote Laken aus den Fenstern, Mieter:innen produzierten eigene Songs gegen Heimstaden, es gab Kiezdemos und Lampionsumzüge in jedem Bezirk. Schließlich gingen wir am 08. November mit über 500 Mieter:innen auf die Straße. In Rekordtempo war eine starke Vernetzung aufgebaut.

Enttäuschung durch Senat und Bezirkspolitik

Gleichzeitig zeigten sich die Grenzen der parlamentarischen Politik. Hinter unserem Rücken hatte der Senat angefangen mit Heimstaden über eine Abwendungsvereinbarung zu verhandeln. Einerseits zeigte sich unser Druck – anders als bei den Paketen zuvor sah sich Heimstaden genötigt, sich an den Verhandlungstisch zu setzen. Andererseits blieb das Geschehen intransparent, obwohl es dort vor allem um uns geht: Die Mieter:innen dieser Stadt. Genau diese Praxis wollen wir als Gewerkschaft durchbrechen. Wir wollen nicht, dass Politiker:innen für uns verhandeln um uns anschließend schlechte Kompromisse zu verkaufen, sondern selbst und direkt unsere Interessen an unseren Häusern gegen die Investor:innen durchsetzen.Doch so kam schließlich das zu Erwartende: Während es eine Woche zuvor noch hieß, dass der Senat neben einer Abwendungsvereinbarung auch eine Kooperationsvereinbarung für alle Häuser außerhalb des Milieuschutz verhandeln würde, kam am 23. November eine für die Mieter:innen äußerst unbefriedigende Lösung heraus. Heimstaden unterschrieb die Abwendungsvereinbarung für ca. 80 Häuser im Milieuschutzgebiet, wodurch kein einziges Haus vorgekauft werden konnte und die über 70 anderen Häuser vollständig ohne Schutz bleiben. Gleichzeitig ist bis heute völlig intransparent, wie diese Abwendungsvereinbarung aussieht. Einen Einblick mussten sich erst vor kurzem Mieter:innen über “Frag den Staat” einholen, von der Politik kam nichts.

Wir können uns nur selbst retten!

Damit endete die erste Phase unseres Kampfes gegen Heimstaden mit einem ersten kleinen Erfolg – Heimstaden hatte sich unter unserem Druck bewegen müssen – und gleichzeitiger Enttäuschung durch die Politik von Rot-Rot-Grün. Doch wir hatten längst langfristige Pläne geschmiedet: Noch im November stellten die zukünfigen Heimstaden-Mieter:innen in einem längeren Prozess vier grundlegende Forderungen an den Konzern des norwegischen Milliardärs:

1. Ein vollständiges Umwandlungsverbot in Eigentumswohnungen
2. Ein Mitspracherecht über Mieter:innen(bei)räte bei allen die Häuser betreffenden Entscheidungen
3. Einen langfristigen Mietenstopp über den Zeitraum des Mietendeckels hinaus
4. Die sofortige Wiedervermietung von Leerstand

Eine Woche nach Ende der Vorkaufsfrist übergaben wir diese schließlich dem (mittlerweile entlassenen) Pressesprecher Heimstadens Bernd Arts und der Managerin Caroline Oelmann. Gleichzeitig luden wir Heimstaden zu einem ersten Gespräch ein und erwarteten bis zum 10. Dezember eine Stellungsnahme des Konzerns. Stattdessen kam einen Tag vorher eine Absage an einen Dialog – Heimstaden sei (noch) nicht bereit, auf unsere Forderungen einzugehen.
In 2021 werden wir deshalb weiter Druck aufbauen müssen. Solange die Mieter:innen nicht ordentlich geschützt sind vor den den Praktiken des Heimstaden-Konzens, müssen sie weiter um ihr zu Hause bangen. Unser Ziel ist es eine rechtliche Vereinbarung – ähnlich einem Tarifvertrag – zwischen den Mieter:innen und Heimstaden zu erzielen. Einer Vertrag, der garantiert was selbstverständlich sein sollte: Ein Leben ohne Angst vor Verdrängung und ein Mitspracherecht bei allem, was unser Zuhause betrifft.

Die Stadt gehört uns!