1. FAQ Mietendeckel gekippt – was tun?
Was hat das Bundesverfassungsgericht genau entschieden?
Der Mietendeckel ist gekippt. Für 1,5 Millionen Haushalte in Berlin bedeutet das, dass die Mieten ab sofort wie zuvor steigen können und die mietendeckelbedingten Mietsenkungen zurückgenommen werden. Gekippt wurde es nicht, weil das Gesetz nicht mit der Verfassung vereinbar ist sondern wegen der Form. Die Landesebene (Berlin) darf laut dem Urteil aus Karlsruhe nicht entscheiden sondern die Bundesebene. Anwält*innen vom republikanischen Anwaltsverein RAV halten diese Einschätzung politisch wie rechtlich für falsch.
Was bedeutet das für mich?
Erstmal kann dein*e Vermieter*in jetzt die Miete wieder auf das Niveau vor dem Mietendeckel anheben. Wie genau das zulässig ist, ist jedoch immer zu klären – am besten kollektiv mit weiteren Mieter*innen in einer offenen Beratung. Die Miete orientiert sich an der „ortsüblichen“ Vergleichsmiete, d.h. an dem Instrument des örtlichen Mietspiegels. Das betrifft alle Mietverhältnisse. Außerdem wird in vielen Fällen eine zusätzliche „Rückzahlung“ fällig. Bei Staffelmietverträgen gelten wieder die ursprünglichen Bestimmungen – das heißt, es greifen die Bestimmungen, die vor dem Mietpreisdeckel gegolten haben.
Meine Miete wurde gesenkt – was muss ich zurückzahlen und bis wann?
Aus rechtlicher Sicht musst du unverzüglich die Differenz zwischen der alten Miete und der gesenkten Miete zurückzahlen, vermutlich aber rechtlich nicht abschließend gesichert innerhalb von zwei Wochen. Es kommt darauf an, was der Vermieter im Absenkungsschreiben geschrieben hat.
Eine Zahlungsaufforderung kann Fall abgewartet werden, wenn der Vermieter die Miete gemäß Mietendeckel von sich aus abgesenkt und in seinem Absenkungsschreiben geschrieben hat, dass im Fall der Nichtigkeit des Mietendeckels die Miete nachgefordert wird. Genaueres gibt es beim Berliner Mieterverein nachzulesen. Guck am besten in dein Konto oder auf deine Kontoauszüge um rauszufinden, wie hoch die Differenz ist in den letzten Monaten ist, wenn du dir nicht sicher bist. Wenn die Differenz sehr hoch ist (z.B. zwei Monatsmieten entspricht) ist es ratsam, die Differenz so schnell wie möglich und am besten unter Vorbehalt zu überweisen. Auch hier ist es gut, sich individuell beraten zu lassen.
Vonovia und Heimstaden sind bereits eingeknickt und werden die Rückzahlungen nicht verlangen, ebenso die kommunalen Wohnungsunternehmen wie Gewobag, Stadt und Land und Degewo. Jetzt liegt es an uns allen, das bei anderen Eigentümer*innen durchzusetzen. Kämpft mit uns für keinen Cent Rückzahlung!
Ich hab das Geld nicht oder sehe nicht ein, warum mein:e Vermieter:in das kriegen sollte. Was tun?
Rechtlich gibt es wenig Spielraum. Deshalb ist es an uns allen Druck zu machen, um diese „Rückzahlungen“ zu verhindern. Kontaktiert eure:n Vermieter:in, am besten gemeinsam. Wichtig: Alles sollte immer schriftlich passieren und sichert die Emails/Post. Besonders bei den größeren Vermieter*innen gibt es Vernetzungen, an die du dich wenden kannst zum gemeinsamen Vorgehen: Deutsche Wohnen, Akelius, Heimstaden, Padovicz . Besonders bei kleineren Vermieter*innen aber auch generell gilt: Sprich mit deinen Nachbar*innen! Es kostet etwas Überwindung aber lohnt sich. Wir sind 80 % der Bewohner*innen dieser Stadt, die davon betroffen sind. Gemeinsam haben wir eine ungeheure Stärke. Also sprich deine Nachbar*innen an, macht eine Hausversammlung und schließt euch zusammen. Tipps und Tricks findest du hier.
Ich hab eine neue Wohnung während des Mietendeckels gemietet – muss ich jetzt mehr Miete zahlen?
Sollte dein*e Vermieter*in keinen Schattenmietvertrag ausgestellt haben – also einen Vertrag, laut dem du etwas zurückzahlen musst im Falle einer Kippung des Mietendeckels – bleibt deine Miete erstmal wie sie ist. Bei Schattenmietverträgen muss im Einzelfall entschieden werden – häufig sind diese jedoch rechtlich nicht zulässlich! Hier empfehlen wir eine Rechtberatung durch den Berliner Mieterverein, die Mietergemeinschaft oder offene Mietrechtsberatung.
2. Was bedeutet das Urteil für Beziehende von Hartz IV, Grundsicherung, Wohngeld, Kinderzuschlag & für Geringverdienende?
Hier sind Fristen zu beachten, jetzt aktiv werden! Das BVerfG hat den Berliner Mietendeckel auf Initiative von 284 Abgeordneten von CDU/CSU und FDP im Rahmen einer Normenkontrollklage gekippt. Die Vermieter*innen freuen sich, die Parteien der klagenden Politiker*innen können mit hohen Spenden rechnen, auf rund 1,5 Millionen Mietende in Berlin kommen hohe Nachzahlungen zu. Das BVerfG hat das Mietendeckelgesetz für nichtig erklärt, das bedeutet, dass die Berliner Mieterinnen und Mieter rückwirkend wieder ihre vertraglich vereinbarten Mieten zahlen, also nachzahlen müssen. Diese Rückzahlungspflicht entsteht mit Tag der Urteilsverkündung, also ab dem 15. April 2021, spätestens aber ab dem Tag, an dem Vermieter*innen die Zahlung gegenüber ihren Mieter*innen geltend machen. Millionen von Berliner*innen werden jetzt Nachforderungen bekommen.
Wenn diese Nachzahlung von zum Teil mehreren Tausend Euro nicht geleistet werden kann, besteht der Anspruch auf Übernahme durch das Jobcenter/Sozialamt. Das betrifft Geringverdienende und Leistungsbeziehende. Es betrifft aber auch Menschen, die Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen.
Wichtig ist aber: die Anträge von Personen, die bisher keine Leistungen bezogen haben, und Sozialhilfebeziehende müssen im April 2021 bei Jobcenter/Sozialamt geltend gemacht werden, da die Rückzahlungspflicht wie oben genannte durch Urteil des BVerfG entstanden ist. Spätestens aber in dem Monat, in dem die vermietende Person oder Gesellschaft die Nachzahlung geltend macht. Wer die Übernahme später beantragt, hat keinen Übernahmeanspruch, allenfalls noch auf Darlehensbasis. Hier sind Fristen zu beachten, jetzt aktiv werden! Danke an den Tacheles e.V. aus Wuppertal für die Zusammenfassung der Folgen des Urteils zum Mietendeckel durch das BVerfG: https://tacheles-sozialhilfe.de/startseite/aktuelles/d/n/2771/
3. Anlaufstellen für Rechtsberatung
Offene Mieter*innenberatungen (kostenfrei, keine Mitgliedschaft erforderlich)
- Iniforumberatung https://iniforum-berlin.de/services/digitale-mietrechtsberatung/
Anmeldung unter rechtsberatung@iniforum-berlin.de mit kurzer Schilderung des Anliegens
Mo/Do wöchentlich RAV Anwältx Henrik Solf/Carola Handwerg - Kiezladen Dunckerstr. 14, 10437 Berlin, dienstags 18 bis 19 Uhr (ohne Anmeldung)
- offene Beratung mo 15-18 Uhr: RAV Anwältx für Schöneberg, Friedenau, Marienfelde und Lichtenrade
Terminvereinbarung findet vorab telefonisch im Rahmen der Mieter- und Sozialberatung oder per Mail unter soziale-mieterberatung@ag-spas.de
www.soziale-mieterberatung-thf-schberg.de/ - Kostenlose Miet- und Sozial-Beratung der Friedel im Exil:
jeden zweiten und vierten Montag im Monat von 17.00 – 18.00 Uhr // nächster Termin: 26.04.2021
im Kiezladen in der Sonnenallee 154 - Kostenlose bezirkliche Beratung im Stadtteilbüro, Rütlistr. 1-3, 1.OG,
Di 17 – 19h, Fr 16 – 18h Beratungsangebote des Stadtteilbüros - asum
Eine Terminvereinbarung erfolgt unter der
Rufnummer 030 – 29 34 31 0
oder per Mail an info (at) asum-berlin.de - Telefonberatung für bundesweite Anfragen Sozialberatung Tacheles Wuppertal
Donnerstag von 14 – 17 Uhr
Telefon: 0202 – 31 84 41 - https://www.berlin.de/ba-pankow/politik-und-verwaltung/aemter/amt-fuer-buergerdienste/wohnungsamt/artikel.579092.php
- Sicher-Wohnen-Hilfe Antragsformular/FAQ finden sich hier: https://mietendeckel.berlin.de/
- Mieter*innenberatung nach Bezirken https://www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/mieterberatungen.shtml