Informationsmaterial:
Unsere neue Broschüre zu Eigenbedarf und Wohnungsverkauf
Auch die Berliner MieterGemeinschaft verschafft hier einen guten Überblick zur Situation und ihren Folgen.
AGs nach Bezirken:
Aktionsbündnis gegen Entmietung Pankow
Eigenbedarf? Wir nennen Eigenbedarfskündigungen → Entmietungswunsch. Denn Eigenbedarf haben wir Mieter*innen!
Berlinweit wurden seit 2013 rund 140.000 Wohnungen in Eigentum umgewandelt. Zum Beispiel wurden allein in Friedrichshain-Kreuzberg etwa 48 Prozent aller Wohngebäude in Eigentumswohnungen aufgeteilt.
Ab 2021 greift Umwandlungsverbot bis 2025, wir wissen aus den Bezirken, dass Abgeschlossenheitsbescheinigungen fleißig weiter ausgestellt werden. Wenn das Umwandlungsverbot nicht verlängert wird, wird es weitere Umwandlungswellen geben.
In den nächsten Jahren wird für Berlin mit 100.000 Eigenbedarfskündigungen gerechnet.
Was bedeutet die Wohnung für Mieter*innen?
Eine Wohnung – das sind nicht nur vier Wände, das ist der Lebensmittelpunkt, Schutzraum und Sicherheit für die Bewohner*innen.
Sie haben ihre Schulen, Kitas, Arbeit, medizinische Betreuung, Pflege, soziale Einrichtungen, Freizeitangebote, Beziehungen und vieles mehr an ihrem Wohnort. → Jeder Kiez und jede Nachbarschaft sind ein komplexes Gefecht von sozialen Beziehungen, in dem Anwohner*innen miteinander leben und kooperieren. Der Wohnort ist daher nicht einfach und schon gar nicht unfreiwillig austauschbar.
Berlin ist eine Mieter*innenstadt. 85% der Haushalte mieten ihre Wohnung.
→ Es ist nicht hinzunehmen, dass privilegierte Menschen Mieter*innen verdrängen. Nicht jede*r kann einen Kredit aufnehmen und verdient dementsprechend und nicht jede*r will das. Die extremen Ungleichheiten durch Erbschaft und familiären Hintergrund liegen auf der Hand.
Was macht der Entmietungswunsch mit den Mieter*innen?
Die Möglichkeit zur Eigenbedarfskündigung macht Wohnen für Mieter*innen unsicher. Unabhängig von Fristen kommt eine lebensnotwendige Sicherheit für die Stadtbewohner*innen damit abhanden.
Makler*- und Verkaufsbesichtigungen bedeuten bereits einen erheblichen Kontrollverlust für Mieter*innen. Trifft eine Kündigung ein, sind Eigenbedarfsgekündigte potenziell schwer angegriffen. Der Kontrollverlust und die Bedrohung des Zuhauses können psychische und körperliche Folgen für die Betroffenen haben. Die Initiative Eigenbedarf kennt keine Kündigung (E3K) nennt Entmietungswunsch daher Körperverletzung.
Neuanmietungen im gewohnten Umfeld sind wegen der Mietpreise/Mietspiegelhöhe (Stadtpolitik!) selten möglich und eine Verdrängung in entfernte Stadtteile oder sogar Obdachlosigkeit können die Folge sein. Im ungewohnten Umfeld erleben Betroffene Isolation und gestörte Anbindung an alle lebenswichtigen Angebote.
Was macht der Entmietungswunsch mit der Nachbarschaft?
In manchen Bezirken handelt es sich um eine Art Milieuaustausch. Immer ist der gesamte Kiez betroffen, wenn Nachbarschaften durch Verdrängung zerstört werden. Eine Folge ist die Spaltung in wohlhabende und arme Bezirke.
Hinzu kann die soziale Verwahrlosung in den betroffenen Bezirken kommen, da der soziale Zusammenhang und die Mischung (Einkommen, Alter, Diversität) verlorengehen kann. Ob die Kündigenden selbst einziehen, neue Mieter*innen oder Tourist*innen zu neuen Preisen bei vorgeschobenen Eigenbedarf die Wohnung nutzen, ist für diesen Effekt irrelevant.
Dass Eigentümer*innen auf Eigentümer*innenversammlungen Entscheidungen treffen, die das ganze Haus (häufig auch Mieter*innen) betreffen, steht in einem krassen Kontrast zur derzeitigen demokratischen Rolle der Mieter*innen. Dieses Missverhältnis spiegelt sich häufig im Selbstverständnis der Parteien wider.
Abgesehen von all diesen das Stadtleben aushöhlenden Faktoren sind unbezahlbare Neuvermietungen, Ferien- und Zweitwohnungen, das heißt, der Entzug von notwendigem Wohnraum, die direkte Folge von Eigenbedarfskündigungen.
Kurzum, Eigenbedarfskündigungen höhlen die Stadt sozial aus!
Wie können sich Betroffene wehren?
Damit Räumungen und insbesondere die Kündigung für Eigenbedarf in Zukunft geächtet und abgeschafft werden, müssen Mieter*innen ihr Recht auf ein würdevolles Leben kämpferisch und öffentlich sichtbar verteidigen. (mehr Infos in der Broschüre)
Widerständiges Verhalten schreckt auch vor Missbrauch ab – mindestens 50 % der Eigenbedarfe sind Schätzungen zufolge zum Beispiel bei den auslaufenden Sozialbindungen in Prenzlauer Berg vorgeschobene Eigenbedarfe.
→ Die Zahl der gewonnenen Prozesse gegen „Eigenbedarfskündigungen“ nimmt stetig zu.
Die Motive von Eigentümer*innen und die Legitimität der Kündigung sind grundsätzlich anzuzweifeln und zu hinterfragen. Dazu gibt es wertvolle Tools, die Betroffenen an die Hand gegeben werden können. Wendet euch dazu gern an die AG für den betreffenden Bezirk.
Auch rechtlich sollte jeder Spielraum geprüft werden. Manchmal ist eine zweite Meinung hilfreich → hier finden sich offene Beratungen: Beratung für Mieter*innen. Der Eintritt in den Mieterverein oder in die Mietergemeinschaft mindestens 3 / 1 Monate vor Kündigung ist zu empfehlen. Da häufig mehr als nur eine Wohnung im Haus betroffen ist, empfehlen wir in jedem Fall, sich unbedingt zu vernetzen!
Zum Beispiel ist ein Eigentümer* in einem Haus nicht unbedingt willkommen, wenn er die lang angestammte Mieterin verdrängt hat. So etwas kann mensch ihn ruhig wissen lassen.
Dazu beraten wir und geben Unterstützung. Gleichzeitig ist es wichtig, dass auch Nachbarschaften darauf aufmerksam werden und ihre Nachbar*innen solidarisch vor Verdrängung verteidigen.
Politische Forderungen
→ Diese Probleme sind keine individuellen Probleme. Sie werden durch politische Entscheidungen hervorgebracht und es gibt seitens der Stadt- und Bundespolitik kaum Ansätze, sie zu lösen. → Eine ganze Welle von 100.000 Eigenbedarfskündigungen rollt in den nächsten Jahren allein auf Berlin zu und ist kaum auf dem Schirm der Parteipolitik.
Zudem werden mietenpolitische Anliegen auf Bundesebene geblockt. Der hohe Mieter*innenanteil findet keinerlei Repräsentanz.
Daher ist es auch an den Kiezen und Nachbarschaften, die Praxis zu deligitimieren und ihre Nachbar*innen zu verteidigen. Wir würden uns eine solidarische Haltung in den Kiezen wünschen und arbeiten daran, dass das Bewusstsein für derart gewaltvolle Verdrängungsprozesse steigt.
Wohnraum sollte keine Ware sein!